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Paris, start-up or not start-up?

In wenigen Jahren hat sich Paris zu einem Hotspot für Start-ups entwickelt und sich unter den Hochburgen der globalen Innovation profiliert. Paris und Berlin liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bleiben aber weit hinter London, das trotz Brexit-Chaos mit der üblichen britischen Gelassenheit weiterhin den ersten Platz belegt. Emmanuel Macron hatte diese Entwicklung 2017 bereits angekündigt und plädiert seitdem für mehr Investitionen in französische Start-ups. Allein letztes Jahr investierten 21 große Unternehmen, darunter viele Versicherungen, mehr als 11,6 Milliarden Euro.

Investitionen fördern

Der Finanzminister Bruno Le Maire sprach sich für eine größere Unabhängigkeit bei der Finanzierung von Start-ups aus, besonders im Bereich neuer Technologien. Ziel sei es, dass bis 2030 zehn High-Tech-Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Dollar Umsatz ihren Sitz in Europa haben. Solche Start-ups werden im Wirtschaftsjargon als „Einhorn“ bezeichnet. So wurden jüngst Fonds aus privaten und öffentlichen Geldern, wie z.B. der European Sovereign Tech Fund (ESTF) oder der European Innovation Council Fund (EIC Fund) gegründet, um jungen Start-ups und besagten „Unicorns“ den Zugang zu europäischen Investoren zu vereinfachen. Für Start-ups sind diese Fonds von Vorteil, da sie sich so leichter weiterentwickeln können, ohne Gefahr zu laufen, systematisch von chinesischen oder amerikanischen Investoren abhängig bzw. von ihnen aufgekauft zu werden, sobald sie eine gewisse Größe erreicht haben. Ein ausländischer Investor entscheidet nämlich weitestgehend über den Standort des Unternehmenshauptsitzes, was wiederum Konsequenzen auf Gesetzgebung oder Börsengang hat. So verliert Europa nach und nach eigene vielversprechende Unternehmen mit hohem technologischem Potenzial, da sie von größeren „Fischen“ aufgekauft werden, weil sie sonst zur Konkurrenz werden könnten.

Andererseits sehen sich einige europäische Start-ups aber auch gezwungen, nach amerikanischen Investoren zu suchen, um ihr Wachstum zu beschleunigen und einen größeren Markt anzusprechen. So hatte zum Beispiel Spotify New York für seinen Börsengang 2018 gewählt. Auch das in den Niederlanden gegründete Portal Booking.com war an ein amerikanisches Unternehmen verkauft worden. Diese Entscheidungen schwächen die europäische Leadership erheblich.

Die Politik ist ebenfalls bemüht, die europäische Wirtschaft zu unterstützen. Die EU-Kommission überwacht den oben bereits erwähnten EIC-Fonds, der sich z.B. für das Start-up XSUN entschieden hat und finanziell unterstützt. Ein Zeichen dafür, dass sich nicht alles in Paris abspielt: der Hauptsitz liegt im überschaubaren Guérande an der Atlantikküste. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen, das autonome Drohnen entwickelt, zwei weitere Standorte eröffnet, einen in Bayern, einen in Australien. Die Drohnen von XSUN sind in Bereichen wie Kartierung, Umweltschutz, Sicherheit oder wissenschaftliche Studien anwendbar.

Im Gesundheitswesen boomen Bedarf und Nachfrage

CorWave mit Sitz in Clichy hat dank eines Fundraisings in Höhe von 35 Millionen Euro im Jahr 2021 von diesem Elan profitiert und entwickelte eine Herzpumpe mit wellenförmiger Membranübertragung, die das Herz eines Patienten mit Herzinsuffizienz unterstützt. CorWave hat das Potenzial, zukünftig eines der weltweit führenden Technologieunternehmen in diesem Bereich zu werden. Ausgerechnet im Gesundheitssektor entstehen neue Tätigkeitsbereiche wie „HealthTech“, „BioTech“, „MedTech“ und „E-Health“, die aufgrund der Corona-Pandemie ein exponentielles Wachstum kennen und buchstäblich nach vorne getrieben werden.

Das Label „FrenchTech“

Des Weiteren investiert die französische Regierung, um das Wachstum und die Bekanntheit französischer HighTech-Start-ups sicherzustellen.  So wurde 2013 das Label „French Tech“ ins Leben gerufen – das den französischen Hahn in Origami darstellt –, um Unternehmer zusammenzubringen und um Start-ups besser zu vermarkten. Dadurch entstand ein regelrechtes Markenzeichen, das eine dynamische Spirale nach oben erzeugte. Wäre dies nicht zustande gekommen, wäre es deutlich schwieriger, potenzielle Investoren, Ingenieure, Designer, Entwickler, Studenten, Verbände, Blogger, Medien und verschiedene öffentliche Träger zusammenzubringen. Dieses offizielle Label trugen bei der Gründung 2013 folgende 9 “FrenchTech“-Zentren: Lille, Bordeaux, Nancy, Saclay, Rocquencourt, Grenoble, Lyon, Rennes-St Malo und Sophia Antipolis in der Nähe von Antibes. Ein von Erfolg gekrönter Übergang zu mehr Digitalisierung würde jährlich das französische Bruttoinlandsprodukt um einen halben Prozentpunkt steigern. Wobei Frankreich bereits über ein dynamisches Startup-Ökosystem verfügt. Wussten Sie schon, dass 5 der 12 in den USA meistverkauften Produkte im Apple Store aus Frankreich stammen? Oder dass französische Web-Unternehmen im Durchschnitt 39 % ihres Umsatzes international erwirtschaften, wobei der Mittelstand nur 3 % ihres Umsatzes im Ausland realisiert? Wussten Sie auch, dass 87 % der Arbeitsverträge bei Start-ups in Frankreich unbefristet sind?

Tatsächlich muss man zugeben, dass High-Tech aus Frankreich bis jetzt auf der internationalen Bühne fast unsichtbar war. „La FrenchTech“ sieht in der Nutzung digitaler Technologien einen wirtschaftlichen Vorteil und einen Grund für sozialen Fortschritt. Das Label „FrenchTech“ umfasst alle Start-ups, die ein gemeinsames Ziel haben, unabhängig davon, ob sie selbst noch in den Kinderschuhen stecken oder bereits mehrere hundert Mitarbeiter beschäftigen und international ausgerichtet sind. Zu den oben genannten 9 Zentren sind seit 2013 weitere Städte hinzugekommen. Inzwischen trägt jede Region Frankreichs ein eigenes Origami als Symbol seiner lokalen Identität: den Storch für das Elsass, den Steinbock für die Alpen, den Elefanten für die Stadt Nantes, das Wikingerschiff für die Normannen, den Löwen für Lyon und die Rakete für Toulouse.

Neue Herausforderungen

Auch Umweltschutz ist ein großes Thema. Viele Start-ups wünschen sich, dass die EU zu Maßnahmen ergreift, um den Übergang zu einer insgesamt grüneren Wirtschaft – ohne Greenwashing – zu unterstützen und die Führung übernimmt im Bereich digitale Innovation, Gesundheit, Bildung und neue Technologien. So wurde im Oktober 2021 der European Sovereign Green Fund gegründet, um Investitionen in „grüne Technologien“ zu konzentrieren, da sie einen hohen Kapitalbedarf erfordern.

Zurzeit merken wir unheimlich viel Bewegung und die Märkte im technologischen Bereich entwickeln sich rasant. In diesem kreativen und zukunftsorientierten Wirbelsturm bleibt das Team von your story in paris an Ihrer Seite und unterstützt Sie bei der Geschichte, die Sie selbst in Paris schreiben. Nämlich Ihre eigene.

About Béa Martin-Gehrig

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